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Gemeinsam gegen den Terror - Mahnwache in Landshut am 03.07.2016

Autor: kola 05.07.2016

Gemeinsam gegen den Terror am 03. Juli 2016

Am Sonntag, 3. Juli 2016 haben folgende Organisationen zu einer Mahnwache für die Opfer des Terrors in die Landshuter Altstadt gerufen: Landshut Orient Kulturverein, Ditib Landshut, Migrationsbeirat Landshut, Selam MHV, TatBayern, Voice of Africa, Deutsch Türkischer Elternbeirat Landshut, SODEM Vilsbiburg. Ca. 200 Landshuter Bürgerinnen und Bürger sind diesem Aufruf gefolgt und konnten von der Vorsitzenden von TatBayern e.V. folgende Rede hören...


Liebe Landshuter, liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen,

ich heiße Sie im Namen aller Veranstalter herzlich willkommen.

Es freut uns, dass Sie den Weg hierher gefunden haben. Damit zeigen Sie Gesicht und Mut. Am meisten freut mich persönlich die zahlreiche Teilnahme der Muslime. Denn wir Muslime müssen bei den Demos gegen den Terror und den Mahnwachen für die Opfer der Anschläge in Dhaka, Istanbul, Ankara, Paris, Brüssel, Orlando, Kobane und allen anderen Orten der Welt teilnehmen, um den Tyrannen zu verdeutlichen:

'Wir lassen nicht zu, dass ihr das Bild des Islam prägt. Wir lassen nicht zu, dass ihr in unserem Namen mordet!'

Eines wissen die Terroristen genau. Der wirksame Sprengstoff ist Angst. Alle, die hier heute anwesend sind, zeigen den Mut zu sagen

'Wir haben keine Angst vor euch! Uns könnt ihr mit eurer Barbarei nicht einschüchtern!'

Für den gesamtgesellschaftlichen Frieden ist es wichtig, dass wir uns von jeglicher Art von Terrorismus distanzieren.

Ich möchte mich kurz vorstellen. Mein Name ist Sevim Kaya. Meine Nationalität ist Auslegungssache :)
Denn ich bin deutsche Staatsangehörige mit türkischem Migrations-
hintergrund und kurdischer Abstammung. Dieser Satz hört sich im ersten Moment evtl. sehr wirr an. Doch es hat für mich eine besondere Bedeutung:

Ich trage drei oft sehr unterschiedliche Kulturen mit mir. Sie in Einklang zu bringen ist zeitweise auch für mich sehr schwierig. 35 Jahre haben es alle drei überlebt. Es gab Konflikte, die zusammen gelöst wurden. Sie haben sich nicht entfremdet, nicht verfeindet und auch nicht bekämpft. Sie haben zusammengehalten. So ist es mir gelungen die schwierigen Phasen zu überleben. So stehe ich heute hier und möchte eines:

'Wir erleben traurige Zeiten und sind von wechselnden Emotionen geprägt. Wir verspüren Wut und Trauer zugleich. Wir leiden mit den Opfern des Terrors weltweit. Wir leiden mit den Angehörigen und Freunden der Opfer. Das sind für uns schwierige Zeiten. Doch eines dürfen wir nicht vergessen. Wir müssen zusammenhalten! Wir müssen gemeinsame Zeichen setzen und Solidarität zeigen. Gerade in solchen Zeiten müssen wir zeigen, dass wir gemeinsam am friedlichen Zusammenleben festhalten und entschieden gegen jegliche Art von Extremismus und Gewalt sind.

So wie nicht alle Christen für die Kreuzzüge, sind auch nicht alle Muslime für den Extremismus von IS, Al-Kaida oder Boko-Haram verantwortlich. Genau so wenig sind alle Kurden für die angebliche Arbeiterpartei, die Terrororganisation, PKK verantwortlich!
In Myanmar werden Muslime unterdrückt und umgebracht. Man darf nicht den Fehler begehen zu sagen, dass alle Buddhisten dafür verantwortlich sind.
Muslime in der Zentralafrikanischen Republik sind von christlichen Milizen wurden dazu gezwungen, ihren Glauben aufzugeben oder sogar zum Christentum zu konvertieren. Dort herrscht Konflikt zwischen Religionen. Es ist falsch das Christentum für diesen Zwang verantwortlich zu machen.

Es ist ein totalitäres Konzept, dass die Terroristen in aller Welt verfolgen. 'Sei wie ich, ordne dich mir unter, glaube dem, dem ich Glauben schenke oder du stirbst'.

Das ist keine Religion. Die Religion wird hier als Mittel eingesetzt, um Menschen in Bewegung zu setzen, weil der Glaube sehr vielen Menschen etwas bedeutet. Das ist Missbrauch der Religion. Gottes Worte werden ihren Absichten angepasst und missbraucht, um sich Anhänger zu verschaffen.

Anführer machen glaubhaft, dass es ihnen um die Worte Gottes und die Durchsetzung der Befehle Gottes geht. In Wirklichkeit jedoch geht es Ihnen nur um Macht.

Der IS begründet seine Taten mit den christlichen Kreuzzügen oder dem Werteverfall durch die Übernahme der westlichen Werte und des Kapitalismus. So nehmen sie sich das Recht zu töten und missbrauchen eine Religion und schaden dabei einer ganzen Religionsgemeinschaft. Es wird versucht Gräueltaten unter dem Deckmantel des Islam zu verstecken. In Wahrheit aber ist das Terror und Terror hat keine Religion. Religion befiehlt Menschenliebe und Frieden.
Dies wird schon bei den Begrüßungsarten verschiedener Religionen deutlich:

Die Juden begrüßen sich mit 'SHALOM'.
Die deutsche Bedeutung lautet 'Friede sei mit dir/mit euch'
Die Muslime begrüßen sich mit 'Esselamu Aleyküm'.
Im Deutschen wird es ebenfalls mit 'Friede sei mit mit euch' übersetzt.
Da stellt sich mir die Frage, wie eine Religion, die schon bei der Begrüßung dem Gegenüber Frieden wünscht für diese Gräueltaten verantwortlich sein soll.

Meine Rede habe ich nach den Attentaten in Istanbul vorbereitet. Doch traurigerweise haben sie innerhalb kürzester Zeit noch einmal angegriffen. Die Medien berichten davon, dass die Attentäter ihre Geisel aufforderten aus dem Koran zu zitieren. Wenn ein Opfer nicht zitieren konnte, wurde er auf schrecklichste Art und Weise getötet.

Aus dem Koran zitieren..
Das möchte ich heute gerne auch machen!

Sure 2 Vers 217

Man fragt dich nach dem heiligen Monat, (nämlich) danach, (ob es erlaubt ist) in ihm zu kämpfen.
Sag: In ihm ist Kämpfen ein schweres Vergehen.

Wir befinden uns seit fast einem Monat im heiligen Monat der Muslime. Weiß jemand wie oft diese Terroristen getötet haben. Dann wollen sie uns noch glaubhaft machen, dass sie im Namen des Islam töten?

Sure 5 Vers 33:

Wenn jemand einen Menschen tötet, so soll es für ihn sein, als hätte er die ganze Menschheit getötet.

Auch dieser Vers zeigt mir, dass sie keine Muslime sein können!
Sie töten fast täglich!
Sie töten blind.
Sie greifen kein bestimmtes Land, keine bestimmte Glaubensgemeinschaft an.
Nein! Sie bombardieren Flughäfen, Menschenmassen und töten willkürlich!

Wir dürfen unsere Augen nicht verschließen und die Realität nicht ausblenden. Die Realität ist durchsetzt von Kriegen, Verfolgung, Unterdrückung und Folter gegen Menschen unterschiedlicher Ethnien, politischer Orientierungen und religiöser Zugehörigkeit.
Deswegen haben wir zu dieser Mahnwache aufgerufen. Aus unserem humanitären und religiösen Empfinden und Mitgefühl heraus sprechen wir uns gegen Gewalt und Ungerechtigkeit aus! Es geht uns allen um Frieden und Gerechtigkeit!

Aus dem Gedicht 'Dann gibt es nur eins' von Wolfgang Borchert wird deutlich, was wir zu tun haben:

Du. Mann an der Maschine und Mann in der Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen – sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins: Sag NEIN!

Du, Mädchen hinterm Ladentisch und Mädchen im Büro..
Wenn sie die morgen befehlen, du sollst Granaten füllen und Zielfernrohre für Schafschützengewehre montieren. Dann gibt es nur eins : Sag NEIN!

Du Dichter in deiner Stube. Wenn sie die morgen befehlen du sollst keine Liebeslieder, du sollst Hasslieder singen. Dann gibt es nur eins: Sag NEIN!

Du. Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine, du, Mutter in Frisko und London, du, am Hoangho und am Mississippi, du, Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und Oslo - Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für neue Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins:
Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!

Ich füge dem hinzu:

Du. Mutter in Istanbul und Mutter in Ankara, du, Mutter in Dhaka und Mutter in Paris, du, Mutter in Orlando und Kobane. Stehe auf und sag NEIN! Nein zum Verlust von weiteren unschuldigen Töchtern und Söhnen. Steh aufrecht und sei stark. Denn wir sind bei dir. Wir können dir deine Trauer nicht nehmen. Doch spüre unsere Nähe und unser Beileid. Wir wünschen dir Kraft und stehen hier für dich, für euch und für alle anderen Opfer.

Freunde, Lasst uns NEIN sagen!

Lasst uns zusammenhalten.
Gegen Terror und Blut.
Gegen Menschenverachtung und Missbrauch von Religionen.
Lasst uns laut aussprechen:

Nein zum Terror!
Nein zu Ungerechtigkeit!
Nein zur Unterdrückung und Ermordung Unschuldiger!
Nein zu jeder Form von Extremismus!
Nein zur Gleichsetzung von ISLAM und Barbarei!
Nein zu allen gewaltbereiten Ideologien!

Ja zu einer Gesellschaft in der unterschiedliche Glauben in Frieden zusammenleben!
Ja zum respektvollen Umgang miteinander.

Wie die Lyrikerin Roswitha Bloch (*1957) schon so schön sagte:

Der Terror ist angekommen in den Köpfen der Menschen –
doch Macht über unsere Seelen geben wir ihm nicht.
Genau das sollten wir auch nicht tun! Wir geben den Tyrannen keine Macht über unsere Seelen!
Liebe Freunde, wir danken euch für dieses gemeinsame Zeichen für den Frieden und wünschen uns allen ein friedliches Miteinander.

Danke und Esselamu Aleyküm – Friede sei mit euch!

Autor: Sevim Kaya, Vorstandvorsitzende von TatBayern e.V.
Ort: Mahnwache für die Opfer des Terrors, Landshut, am 03.07.2016
Veranstalter der Mahnwache : Landshut Orient Kulturverein, Ditib Landshut, Migrationsbeirat Landshut, Selam MHV, TatBayern, Voice of Africa, Deutsch Türkischer Elternbeirat Landshut, SODEM Vilsbiburg

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